Language of Architecture –
Palm Springs, CA

Ab den späten 1930er Jahren wird in der kalifornischen Wüste die künstliche Oase Palm Springs errichtet, die lange Zeit für ihre modernistische Architektur, ihre Stars, ihre außergewöhnlich vielen Sonnenstunden sowie ihre – nomen est omen – unzähligen Palmen bekannt ist. Richard Neutra, John Lautner, Albert Frey u.a. prägen das Stadtbild. Mit ihrer raffinierten Einfachheit zählen viele der parallel zur Straße liegenden Bungalows heute zu den Ikonen des Mid-Century-Modernism. Bewegt man sich online, via Satellitenbilder oder Google-Street View, durch Palm Springs, stößt man auch auf ein Angebot, das für europäische Städte noch undenkbar ist: In der Immobiliendatenbank Zillow wird eine Vielzahl der Gebäude ausgepreist und zum Kauf angeboten – so waren es etwa im Frühling 2020 insgesamt „670 homes for sale in Palm Springs, CA“ – und mit zahlreichen zusätzlichen Fotos der Innenräume begeh- und einsehbar. Detaillierte Schilderungen aller wissenswerten Informationen sowie 360°-Ansichten ermöglichen intime Einblicke in den „gesamten Lebenszyklus des Besitzens und Lebens in einem Haus“, so die Website des Anbieters.

Vor Ort, in der Wüstenstadt, ist die Situation eine gänzlich andere: Mit „Private Property“-Schildern wird darauf hingewiesen, dass Neugierige die Privatsphäre der Bewohner:innen achten mögen, mit „Maximum Security“-Tafeln wird bereits vor einer „armed response“ gewarnt. Die Zufahrtsstraßen sind mit „Speed Limit 25“ reguliert, Security-E-Cars drehen ihre Runden. Somit sind auch nur die der Straße zugewandten Fassaden, die fotogen gestalteten Vorgärten und mit Bepflanzungen geschickt kaschierten Mauern sichtbar; nicht die Patios, nicht die hinter den Häusern liegenden Grünflächen und Pools, die man aus den Architekturführern kennt. Sie öffnen sich abseits der Zufahrt zur kaum berührten, echten Gebirgslandschaft hin und schützen so ihre Besitzer:innen vor den Blicken der Öffentlichkeit – so wie es für eine Zuflucht suchende Hollywood-Elite Bedingung war.

Als Passant:in befindet man sich in einem magischen Setting, in das unzählige Erwartungen gesetzt werden. Jedoch ist man ohne Zutrittserlaubnis und sieht nur so weit, wie das Auge bzw. das Objektiv des Fotoapparats reicht. In Language of Architecture manifestiert sich so der Eindruck einer hermetischen Abriegelung. Freigestellt und ortslos werden die Silhouetten der bildparallel aufgenommenen Gebäude zu flachen geometrischen Körpern, die scheinbar zwischen hochwachsende Palmen geschoben wurden. Im Hintergrund platzierte Formen aus der Bibliothek technischer Zeichenprogramme rufen Assoziationen zur Entstehung dieser einst auf dem Reißbrett geplanten Stadt hervor. Intensive Farben und Verläufe zwischen kalifornischen Sonnenuntergängen und dem Farbspektrum fotografischer Sensortechnologie verstärken das Surreale und Artifizielle dieser Ensembles. (Ruth Horak)